Die fromme Büßerin
Wer schuf die Welt in ihren Sünden,
wer schlug die Erd‘ mit ihrem Fluch;
wer ließ auch mich, Betörte, finden
Verführers Pfad, der Tugend Bruch!
Verbannt, gesteinigt sind die Herzen,
die der Wollust Laster schwärzen!
Wer gab mich diesem schönen Leibe,
hat reich mit Liebreiz mich bedacht?
Wer schenkt dem tugendhaften Weibe
der Schönheit Blendwerk, lustentfacht?
Werde Fluch den schnell Bereiten,
die meines Leibes sich erfreuten!
Kurz war die Zeit der schnellen Lüste
lang ist die Frist der Buß‘ und Reu‘,
und irrend in des Lebens Wüste
wankt des Sünders Gottestreu!
Schwarz und düster sind die Wogen,
die mich in den Abgrund hinabgezogen!
Schwarz und dunkel auch die Gewölke
die jagend zu meinen Häupten zieh’n!
und, gleich der Tugend, alle Völker
in finsterm Geschwader den Himmel flieh’n!
Wo, Schwestern, ist der Hoffnung Segen,
der tröstlich dem Büßer tritt entgegen?
Weh! Tief verschlossen in Kerkers Gevierte,
der Pandorabüchse liegt sie mir!
Wenn, o Hoffnung, dein Stern mich führte,
der Opfer herrlichstes brächt‘ ich dir!
Und gält‘ es, das Leben selbst zu stillen,
ich gäb‘ es hin, um Heiles willen!
So scheid‘ ich denn! Schön warst du, Jugend,
fragend nicht nach Buß‘ noch Heil,
wurdest Fall du meiner Tugend,
sei mir gleich das Leben feil!
Nicht mord‘ ich es in frevlem Streben,
auch Gott hat seinen Sohn gegeben!
Denn Leben ist Pfand nur aus Gottes Händen,
der Tod, er gilt dem Dasein gleich,
wenn wir es, liebend, selbst beenden,
eingehend in der Sel’gen Reich,
wer wollte richten des Himmels Geschicke,
die Pfänder, geliehen nur, fordern zurücke?
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