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I.                     Geschichte (Felix erzählt) 

Wie der Wittelsbacher Ludwig auf einer abenteuerlichen Romfahrt Unglück und Verderben über eine Müllerstochter bringt und die Kaiserkrone erringt. Wie er daraufhin heimzieht, ein Kloster stiftet und sein Leben der Jungfrau Maria weiht.

II.                   Geschichte (Ludwig erzählt)
 

Wie Saladin, der junge Sultan von Bagdad, auszieht, um für sich eine Braut zu gewinnen. Wie er die Königstöchter ihrer Laster wegen verschmäht und zuletzt ein armes Beduinenmädchen als Braut mit heimführt.

III.                 Geschichte (Fritz erzählt)
 

Wie der Kreuzfahrer Hugo von Vermandois im Morgenlande ein Gelübde tut, sein Leben als Klosterbruder zu verbringen. Wie er daraufhin dreimal vom Teufel versucht wird und diesen zuletzt besiegt.

IV.                 Geschichte (Ännchen erzählt)
 

Wie die Herzogin von Burgund in sträfliche Liebe zu einem Vasallen verfällt und der Herzog furchtbare Rache an den beiden Verschworenen übt. Wie der Herzog daraufhin vom Fluch seiner eigenen Rache getroffen und so das Leben dreier Menschen zerstört wird.


LESEPROBE

Wer heute von der alten Salzstadt Hallein längs der Salzach den Bergen zuwandert, auf deren wogenreicher Bahn der Flößer einst das weiße Gold bis weit an die Ufer der Donau förderte, sieht gar bald ein liebliches Häuschen auf grüner Heide. Schön und anmutig, mit zierlich umhegtem Gärtlein, blickt es im Frühling unter blühenden Apfelbäumen, mit blaugetünchten Mauern, aus dem reich beschirmten Grunde; allerlei Getier tummelt sich rings auf den Weiden, und die spiegelblanken Fenster sind während der Sommerszeit stets mit den mannigfaltigsten Blumen geschmückt. Erst im Näherschreiten verraten ein Schild neben dem Zaune sowie mehrere, zur Bequemlichkeit der Gäste im Gärtlein aufgepflanzte Tische und Bänke den Schenkgiebel. So recht heiter dünkt dies Bild den Wanderer, und wohl mag es geschehen, daß er in froher Betrachtung innehält, um an jenem anmutigen Platze sich ein wenig zu verweilen!
Nicht immer indes mochte die Gegend sich so beschaulich dem Wandersmann darbieten; die Schenke, so will es der Volksglaube, stand im Geruche eines höchst ehrwürdigen Alters. Niemand vermochte ihr genaues Alter anzugeben, doch manchereiner wollte wissen, daß sie schon bestanden habe, da die Römer noch als Herren über das umliegende Land geboten. Und in der Tat befindet sich unweit desselben Ortes ein Felsen auf grünem Grunde, wo einstmals ein Eichenhain gestanden; jetzt freilich ist von den Eichen nicht mehr viel zu sehen, aber der Fels steht noch dort so fest als ehedem, und wohl erzählt man, daß er keltischen Druiden in grauer Vorzeit als Opferstätte gedient habe. Wir haben alle Ursache, den Mären des Volkes Glauben zu schenken, finden wir doch selbst in unseren Tagen noch allenthalben uralte Schriften und Chronika im Schoße der Kirche, welche Zeugnis geben, ‚daß ein alter Heidenstein dem Kreuze Christi geweiht ward’ – und wenigstens soviel scheint gewiß, daß der Ort seit jenen Tagen, in denen der Heilige Severinus, ein gar frommer Gottesmann, in der Gegend wirkte, allenthalben als „der Heiligenstein“ bekannt ist. Kurz, man wußte darüber Einiges zu erzählen, doch wenig Gewisses, aber in einem Punkte war man sich dennoch einig, nämlich daß die Schenke am Heiligenstein schon sehr alt sein müsse!
Es mochte vor einigen hundert Jahren gewesen sein, etwa um die Zeit des seligen Kaisers Maximilian – wir wissen nicht mehr genau, wann, als drei junge Menschen den schlechten Saumpfad längs der Salzach entlangschritten; erst vor wenigen Minuten waren sie von den Toren Halleins aufgebrochen, es waren drei fahrende Handwerksbursche, die in der Stadt zufällig aufeinandergetroffen waren und nun, da sich ergab, daß sie in dieselbe Gegend wollten, beschlossen hatten, ihre Reise gemeinschaftlich fortzusetzen. Der Nachmittag neigte sich schon dem Ende zu, und sie gedachten noch vor Einbruch der Dämmerung den Fuß des Gebirges zu erreichen. Indes dunkle Wolkentürme hatten sich am abendlichen Himmel zusammengeballt, ein schwarzer Vorhang hing südwärts bereits über den Bergen, und der aufziehende Wind, der in den Blättern der Bäume rauschte, ließ ein ordentliches Unwetter erwarten. Gleichwohl schritten unsere drei Gesellen wacker fürbaß und lachten der Elemente, sie waren fröhlicher Dinge und gar kecken Sinnes, ein paar Regentropfen möchten ihnen doch nichts weiter anhaben, sie seien nicht wohl aus Zucker; außerdem möchte das Wetter sich wohl zur rechten Zeit über die Berge davonmachen, und wer weiß, ob auf den Abend nicht wieder die Sonne scheine!
Gleichwohl die Hoffnung der drei schien sich nicht zu erfüllen; mit wachsendem Ungestüm rüttelte der Wind an den Bäumen und ward nachgerade zum Sturm, schwärzer und dräuender ballten sich die Wolken zusammen und zogen von den Bergen ins offene Land herein, und in der Ferne hörte man zuweilen unheimlich die Donner grollen. Den Dreien voran schritt ein Bursch, lang und hager aufgeschossen wie eine Bohnenstaude, der keckste von allen; Felix, so war sein Name, ein Goldschmiedegesell, schulterte trotzig sein Bündel und meinte, dem Unwetter müsse man gar männiglich entgegenschreiten, dann vertreibe man es. Wer ihm zu entfliehen suche, den hole es unweigerlich ein, wie denn auch die Brennessel nur jenen steche, der mit zagen Händen sie anfasse, nicht aber den, der mit fester Hand kecklich sie beim Stiele fasse; deshalb sei es wohl am Besten, sie gingen eben gerade drauflos und mitten hindurch: sie sollten seiner Worte noch billig gedenken, wenn sie des Abends in wohlgeheizter Kammer hockten und es sich an einem Becher Weines wohlsein ließen!
Allein die beiden anderen schienen nicht in der nämlichen Zuversicht zu schwelgen, ob sie auch gleich lachten dazu und eine kecke Miene sich aufzusetzen mühten. Ludwig, ein stämmiger, untersetzter Müllersbursch, frug nun den voranschreitenden Felix, ob er denn auch wisse, daß zuweilen Wegelagerer in der Gegend ihr Unwesen trieben; er habe dergleichen in der Stadt vernommen. Felix gab ihm lachend Bescheid, er solle sich dessen nur nicht weiter bekümmern; sie möchten es wohl kaum der Mühe wert finden, ihre Hand an ihn, einen armen Müllerssohn, der obendrein kaum einen Batzen im Säckel habe, zu legen! Da sei es schon eher an ihm, dem wackern Goldschmiede, er habe einige gar schöne Stücke im Bündel, und sollte das Gesindel sich etwa an ihn wagen, er wolle mit seinen Fäusten ihnen schon die rechte Antwort geben! Der Dritte im Bunde, Friedrich, ein Sattler, wie sich herausstellte, von seinen beiden Begleitern kurzweg Fritz genannt, war der am wenigsten Gesprächige unter den Dreien und schritt stillschweigend neben den beiden andern einher.
„Da kommt’s immer dunkler über den Wald herein“, versetzte der Müller nun, „ich besorge, wenn wir uns nicht zu rechter Zeit versehen, wir werden gar übel in die Traufe kommen!“
„Ah bah“, versetzte der lange Felix, „zag’ du nicht herum wie ein Mägdlein; nur immer wacker zugeschritten, und wir können in einer guten Stunde in Golling sein!“
So schnell ging’s aber denn doch einmal nicht; die Bäume neben dem Pfade bogen sich bereits bedenklich unter den heftig andringenden Stößen des Windes, wild rauschten die Blätter, die Tannen wankten düster im Sturmesbrausen, und vor ihnen über den schwarz verhüllten Bergen fuhren die Blitze gleich glühenden, gekreuzten Flammenschwertern durch die Lüfte. Nun erwachte auch der Donner mit gesteigerter Heftigkeit, recht bedrohlich krachte es zuweilen hinter dem düsteren Wolkenvorhang, und zuletzt begannen gar die ersten Regentropfen zu fallen. Nun schien auch Felix einiges von seiner anfänglichen Zuversicht verloren zu haben, da er von Mal zu Mal längere Schritte machte, sodaß die beiden andern ihm zuletzt kaum noch zu folgen vermochten. Endlich, nachdem es abermals ganz fürchterlich gedonnert hatte und der Himmel seine Schleusen über den Häuptern der Ärmsten öffnete, ergriff Ludwig das Wort.
„Mögt ihr immerhin zulaufen, Gesellen“, rief er, „ich will eben nach einem trockenen Platz im Walde mich umsehn, wo ich das Unwetter ausharren und hernach meinen Weg mit heiler Haut fortsetzen kann!“
„Einfaltspinsel!“, rief Felix aus, „willst du dich dort etwa unter einen Baum hocken und warten, bis der Blitz einschlägt? Ei, so eile denn, wir wollen dich nicht halten!“
Mit denselben Worten hatte er, rasch vorauseilend, eine kleine Anhöhe erklommen, über welche der Weg nun hinwegzuführen schien. Als er von dort aus jenseits in die Tiefe blickte, wandte er sich mit freudig erregter Stimme den rasch hinterdreineilenden Gefährten zu.
„Herbei, Gesellen“, rief er denselben zu, „wir sind gerettet! Siehe, gleich dort hinter dem Hügel befindet sich ein Schenkgiebel! Gefällt’s euch, so wollen wir dort einstweilen Herberge suchen und dann weiter zusehen!“
Das brauchte er Ludwig und Fritzen nicht zweimal zu sagen. Rasch waren nun auch sie jene kleine Anhöhe emporgeeilt; und in der Tat lag, nur etwa eine knappe Viertelmeile Weges vor ihnen, eine Schenke in der Tiefe – dem Hügel auf geradem Wege zu Füßen, deren schadhaftes Strohdach durch die im Sturme schwankenden Bäume wenig gastlich zu ihnen emporsah. Einige alte Scheunen, eine davon mit halb eingefallenem Dache, wie es schien, standen rings um das graue Gemäuer her, mehrere Obstbäume bogen sich im Sturmesbrausen neben dem Hause, hinter dem sich die Heide bis zu den weidengesäumten Gestaden des Salzachflusses hindehnte, der in gemessener Entfernung an dem einsamen Orte vorüberfloß; derselbe gewährte unseren drei Handwerksgesellen denn auch den unersprießlichsten Anblick, und wäre das grobe Wetter nicht gewesen, man wäre wohl flüchtigen Fußes an dem trostlosen Hause vorübergeeilt. In Ansehung der mißlichen Umstände indes schien man doch immerhin froh, nun eines Ortes ansichtig geworden zu sein, der wenigstens einen Aufenthalt im Trockenen versprach, und das umso mehr, als das Gewölk nun vollends seinen regenschwangeren Schoß öffnete und ein wahrhafter Platzregen über die Köpfe unserer drei Helden niederfuhr. Grelle Blitze kreuzten am hell erleuchteten Gewitterhimmel hin und wieder und glichen so recht den Flammenschwertern der Cherubim, glichen jenen Blitzen, die Zeus, der alten Hellenen göttlicher Vater, einst unter die Lästerer schleuderte, die seiner Herrlichkeit schmähten; dumpf rollte der Donner mit beständig wachsender Wut hinter dem dunklen Wolkenschleier, an den Hängen neben dem Hohlwege wankten die hohen Bäume im Sturm, der nun schwere Regentropfen in das Antlitz unserer drei Schutzsuchenden trieb – mit einem Worte, es war, als tobten die Elemente in ihrer ganzen, entfesselten Gewalt über dem kreißenden Schoß der Erde, so wie in jenen Tagen, als Noah in die Arche ging – die Blitze zuckten, die Stürme brausten, die Donner rollten, und wahrhaft, die vom Propheten verkündeten Tage des Zorns schienen gleichsam über die Erde gekommen, auf eine Weise, daß den Ärmsten Hören und Sehen verging!
Indessen man hatte sich dem Hause bis auf wenige Schritt genähert, und auch der anfangs so zuversichtliche Felix schien nachgerade etwas kleinlaut geworden; die letzte Strecke Weges hatte man in vollem Laufe zurückgelegt, und auf diese Weise gelang es ihnen, den Schenkgiebel gerade noch zu erreichen, ehe sie am ganzen Leibe durchnäßt waren – wenn der gemächlichere Müller bei diesem Unterfangen auch naturgemäß etwas das Nachsehen hatte. Dennoch erreichten die drei Gefährten das Haus noch eben zur rechten Zeit, Felix war der erste, der an das hölzerne Eingangstor pochte, das im Schutze des vorspringenden Strohdaches lag, über welches die Traufe sich nun in raschem Gusse verströmte! Alsobald wurden schlurfende Schritte im Korridor des Hauses vernehmlich – ein Riegel klirrte, die Tür ward geöffnet, und ein Mann, in dem man sogleich den Schankwirt erkannte – an dessen weißer Schürze zumal, die ihnen gleichwohl reichlich schäbig erschien – stand vor den drei Bursche auf der Schwelle. Der kecke Goldschmied ergriff sogleich das Wort, berichtete, wie sie am späten Nachmittage von Hallein aufgebrochen und wie sie, auf der Suche nach gutem Handel, noch weiter ins Gebirge gewollt und nun so ganz und gar unverhofft von dem bösen Wetter überrascht worden seien; wie sie gehofft, allen Umständen zum Trotz doch noch weiterzukommen, wie sie zuletzt aber doch steckengeblieben wären und nun hofften, sie könnten hier auf einige Stunden zur Herberge bleiben.
„Geschwind, geschwind“, versetzte der Wirt, der, im Unterschied zu vielen seiner Erwerbsgenossen nur von mäßig beleibter Gestalt war; „ei, geschwind, meine wackeren Gäste, tretet nur erst herein in die Stube, da können wir bei einem guten Becher Wein alles Weitere bereden, denn fort werdet ihr heute freilich schwerlich mehr kommen!“
Der Wirt führte die drei Gefährten sogleich in die Schankstube, in der aufgrund der fortgeschrittenen Tageszeit nur mehr eine fahle Helle herrschte. An der einen Mauerseite befand sich eine große, offene Feuerstelle, die in einen grob gemauerten Kamin mündete; und richtig besannen sich die Gefährten nun unwillkürlich darauf, wie ihnen zuvor auf dem Hügel jener mächtige Schornstein über dem Strohdache so recht aufgefallen war! Im Winkel neben dem Kamin, wo sich ein Alkoven in der Mauer befand, stand ein Spinnrad mit gar mächtigem Rocken; viele Ellen Garnes mochten dort in mancher Nacht schon gesponnen worden sein. Die unregelmäßige, ursprünglich wohl weiß getünchte Mauer war sowohl durch die Zahl ihrer Jahre als auch den Rauch, der sich zuweilen in der Stube ausbreiten mochte, ganz gelblich gefärbt, und eine hölzerne Bank zog sich rings die Mauer entlang und umzirkte schließlich ein paar derbe Eichentische, die selten in solchem Ebenmaß gefertigt sein mochten, daß sie auf den groben Dielen des Fußbodens nicht wackelten. Zudem stand eine Anzahl hölzerner Stühle bei den Tischen, um den wenigen Gästen, die sich zuweilen einfinden mochten, eine leidlich bequeme Rast zu bieten. Im Unterschied zu manchem Rasthause in der Stadt war die Stube nichts mehr als elend zu nennen; auf einem Gesims über dem Kamin reihte sich eine stattliche Anzahl verstaubter Trinkgefäße und Kannen, irden und ehern, die man allem Anscheine nach aus Gründen eines primitiven Schmuckes dorthingestellt hatte. Unter der groben und schiefen Balkendecke hingen einige Geweihe, ein Häher mit zerfleddertem Gefieder, der gebleichte Kopf einer Luchskatze auf genageltem Brett sowie ein Sperber mit gebreiteten Schwingen an den Mauern, und oberhalb des Einganges hing sogar ein grimmig Bärenhaupt mit zornig gefletschtem Rachen. An zwei Stellen des Raumes hingen von der Decke an ehernen Ketten mächtige Wagenräder herab, auf deren von Wachs übertropftem Reif einige Kerzen staken. Dies alles bot sich nun baß den Blicken unserer drei Gäste dar, da sie hinter dem Wirte die Schenkstube betraten.
„Nehmt nur einstweilen Platz, Gesellen“, versetzte der Wirt, „der Müller vom Schrambach sitzet bei mir zu Gaste, und da muß ich denn gleich für guten Wein sorgen. Nehmt nur indessen Platz, meine wackeren Gäste, ich will gleich wieder zurück sein!“
Indem jener zur Tür schritt, gewahrten unsere Gefährten nun erst den Müller, der, mit gekrümmter Hakennase und weißer Zipfelmütze im hintersten Winkel auf der Bank saß, denn es war unterdessen merkwürdig düster in dem Raume geworden. Während jene sich noch nach einem passenden Platze umsahen, erhob der Müller seine näselnde Stimme, sie möchten sich doch zu ihm an den Tisch setzen; auf dem Lande sei es altes Herkommen, daß man sich untereinander an einen Tisch setze, so man sich denn irgendwo begegne, und ein guter Trunk in Ehren sei in Gesellschaft doch ein- für allemal lustiger als so ganz für sich allein. Auf solche, gar unverhoffte Weise eines Besseren belehrt, wagten die Burschen sich endlich an des Müllers Tisch, der Felix und Ludwig sogleich einen Platz an seiner Seite anbot und für Fritzen mit der Hand einen Stuhl zurechtrückte. Indessen hörte man den Wirt draußen in einem fort „Ännchen! – Ännchen!“ rufen, eine feine Stimme gab schließlich Antwort, und also gebot der Wirt, Wein aus dem Keller herbeizuschaffen.
„Ei, immer lustig, Ännchen“, hörte man den Wirt rufen, „wir haben Gäste, drei fahrende Handwerksbursche sind hier, schaff’ nur gleich herbei vom Besten, die Zeit soll uns nicht lang werden!“
Mit behaglichem Lächeln trat der Wirt gleich darauf wieder in die Schankstube und gewahrte mit vergnügten Blicken, daß seine Gäste unterdessen bei dem Müller Platz genommen hatten.
„Gleich wird uns Wein werden“, versetzte der Wirt zu seinen Gästen gewandt, während draußen vor den Fenstern die Donner rollten. „Heute kommt ihr ja doch nicht mehr fort, ihr werdet wohl im Hause nächtigen müssen!“
„Was nicht gar!“, versetzte Felix empört, „Ihr glaubt doch nicht etwa wahrhaft, Herr Wirt, wir ließen uns unsere schweren Batzen so einfach aus der Tasche zaubern? Schafft nur fleißig den Wein herbei, auf ein paar Becher mehr oder weniger kommt’s uns nicht an; doch wollen wir, sobald das Gewitter ausgestanden, allsogleich wieder unseres Weges ziehn!“
Der Wirt meinte daraufhin, er solle doch nur einmal recht aus dem Fenster sehen, wie es draußen allenthalben tobe und stürme und bereits dunkel werde; so schnell werde daß Unwetter wohl nicht vorüberziehen, Gewitter seien sehr hartnäckig hierzulande, und wenn auch das Gewitter irgendwann nachließe, so wolle er doch keinen Hund bei Nacht und Regen vor die Türe jagen! Indessen er wolle sie nicht festhalten, aber es sei doch noch wenigstens eine Stunde weit bis zu einer festen Herberge, auch sehe er ihm nicht gerade so aus, als ob er so viele Batzen im Säckel habe, als er vorgebe.
„Ha, Ihr seid mir eben der Rechte“, frohlockte Felix, „ich will Euch zeigen, daß wir Goldschmiede uns auf unser braves Handwerk wohl verstehen und keine Not zu leiden brauchen. Da, seht nur,“ rief er, indem er einen klingenden Lederbeutel mitten auf den Tisch warf, „da seht nur, was ein wackerer Goldschmied zu erwerben vermag, so er seine Hände nicht müßig im Schoße ruhen läßt!“
Fritz stieß den sorglosen Gefährten sogleich mit dem Ellenbogen in die Seite und gab ihm flüsternd zu verstehen, es gezieme sich nicht, mit seinem Gelde vor fremder Leute Augen zu prahlen; alleine jener wies die Bedenken des Freundes lachend zurück.
„Ei was“, lachte er, „ist einer ein bräver Mann, so braucht er auch nimmer so zu tun, als ob er was zu verstecken hätte! Ei schauet doch, Herr Wirt, all die güldnen Batzen, zu denen mir mein ehrlich Handwerk verholfen – ei sagt, sind wir Goldschmiede nicht wahrlich selig zu preisen ob des klingenden Lohnes, mit dem Gott unser glückliches Handwerk segnet?“ Dazu spielte er unaufhörlich mit dem Beutel in seinen Händen, daß darin die Batzen in einem fort klangen und sprangen.
„Ei nun, ich will ja nichts gesagt haben, junger Fant“, versetzte der Wirt, „doch falls ihr wirklich die Absicht haben solltet, eure Reise heute noch fortzusetzen – nun! so könnten noch andere Reisende des Weges kommen und ein Zimmer für die Nacht begehren, eine gute Herberge ist selten in dieser Gegend, und dann könnte es euch wohl gereut haben, daß ihr meinen Rat so schnöde von der Hand gewiesen habt!“
Auch der Müller mischte sich nun ins Gespräch und vertrat die Ansicht, der Wirt behielte mit seinem Rat wohl recht; überdies dünkten sie ihn kluge Bursche zu sein, und da er meine, das Unwetter werde sich so bald nicht legen, sollten sie die Gelegenheit wohl gleich beim Schopfe packen und in des Wirtes freundliches Anerbieten einwilligen. Wie zur Bekräftigung seines Ansinnens fuhr bei denselben Worten vor den Fenstern ein greller Blitz nieder, gefolgt von einem solch ohrenbetäubenden Donnerschlag, daß die Scheiben in den Fenstern klirrten und Ludwig kläglich einwarf, es sei wohl am Ende wirklich das Beste, sich zu besinnen und die Nacht in der Herberge zu verbringen. Felix meinte daraufhin, sie wollten sehen, indessen der Wirt stellte den Gefährten so eindringlich vor, wie diese bei unnützem Zaudern noch um ihr Nachtquartier kommen könnten und wie er zuweilen Gäste gehabt, die in ähnlicher Lage allen Warnungen zum Trotze weitergezogen wären. Über manche seien alsdann die Räuber gekommen, hätten jene ganz und gar ausgeraubt und ihnen alle Habe abgenommen, und am Ende seien sie noch froh gewesen, mit dem Leben davongekommen zu sein. Er meine es nur gut mit ihnen, ihre Batzen interessierten ihn nicht oder doch nur so viel, als sie imstande wären, das Quartier und ihre Zeche zu bezahlen. Zuletzt setzte man sich wechselweise ins Einvernehmen, und da eigentlich keiner mehr rechte Lust bezeigte, weiterzuziehen, ward man mit dem Wirte einig. Er habe zwei Stuben unter dem Dache anzubieten, versetzte der Wirt, zwei Betten befänden sich jeweils in denselben, und da er nun ja gesehen habe, daß sie genug Geldes bei sich hätten, stünde er nicht an, ihnen dieselben zu verweigern; sein Töchterlein solle sie ihnen hernach zeigen, sobald sie sich etwas erquickt hätten. Indessen man hörte endlich Geräusche im Flur, die Tür ward aufgetan, und eine allerliebste Jungfrau schritt mit einem irdenen Kruge zum Tische hinan.
„Siehe, da kommt ja der edle Trunk“, rief der Wirt, „ei, Ännchen, so schenk nur allen recht fleißig ein, es sind dies drei Handwerksbursche, die zur Nacht bleiben wollen; flink, Töchterlein, flink, so schenk nur gleich ein, und hernach magst du den Herren ihre Zimmer zeigen, ob alles zu ihrem Besten bestellt ist!“
Behutsam setzte Ännchen, des Hauses Tochter, den Krug bei Tische ab, holte wohl sogleich einige zinnerne Kannen herbei, und bald tat jedermann sich an dem Weine gütlich. Und wahrhaft, der Patron geizte nicht, der klingende Beutel des Goldschmiedegesellen mochte sein Übriges getan haben, um seinen Sinn milde zu stimmen und den besten Wein auffahren zu lassen. Bald ermunterten sich auch die Gemüter unserer drei Gefährten wieder, man war allenthalben froh, daß sich auf solch unverhoffte Weise nun eine Lösung ergeben hatte, man nicht mehr weiterzuziehen brauchte, und es verbreitete sich nachgerade jene behagliche Stimmung, die sich gewöhnlich zu verbreiten pflegt, wenn draußen die Unwetter toben, wir aber geborgen und bei heiterer Laune im Trockenen sitzen.
„Ännchen, schlag Feuer!“, gebot der Wirt nun seinem Töchterlein, „unsere drei Gesellen hier sind ein wenig naß geworden und frieren, auch macht es schon verflucht dunkel draußen, also schürz dich, Töchterchen, immer schön hurtig, wir wollen es ordentlich warm haben in der Stub! Auch magst du hernach die Kerzen auf dem Reif anstecken!“
In der Tat war es vor den Fenstern schon fast dunkel geworden, und still und geduldig machte sich nun das Mädchen daran, Feuer im Kamin zu schüren. Es währte auch nicht gar lange, da flackerte ein lustig Feuerchen in demselben, die Flammen verzehrten gierig die Holzscheite und prasselten gar gemütlich, und nachdem die nämliche Arbeit getan war, nahm Ännchen einen langen, brennenden Kienspan aus dem Feuer, trat damit zu Tische und pinkte im Nu die Kerzen auf den Leuchtern an. Den drei Jünglingen dünkte das Mägdlein gar zu anmutig, sodaß sie die Blicke am Ende gar nicht mehr von demselben verwenden mochten – sintemalen, als nun allmählich eine ganz leidliche Helle die Stube zu erfüllen begann und es den Dreien nun erst so recht aufs Herz fiel, wie gar liebreizend das holde Wesen in seiner stillen Geschäftigkeit war! Rasch waren einige Becher Weines genossen, und bei den Gefährten begann sich nachgerade der Hunger zu regen – bedachten sie doch, daß sie fast den ganzen Tag in einem fortgewandert waren und sich nur für kurze Zeit in der Stadt verweilt hatten, um nähere Erkundigungen einzuziehen über Weg und Steg im Lande und wo die besten Aussichten bestünden, bei einem wackeren Meister unterzukommen. Dort hatte der Zufall sie schließlich aneinander hingeführt, und sie hatten beschlossen, in Gemeinschaft weiterzuziehen. Mit scharfem Blick erspähte der Wirt sogleich die untrüglichen Zeichen des Hungers in den Mienen seiner Gäste und benützte die Gelegenheit auf geschickte Weise, das Wort an das Mädchen zu richten, das soeben im Begriffe war, einige Scheite Holz ins Feuer zu legen.
„Ei, mein braves Ännchen“, so begann er, „mich dünkt eben, meine Gäste hätten männiglich Hunger, ich höre ihre Mägen wohl schon knurren so laut als den Donner draußen; ach, schaff’ ihnen nur gleich ein tüchtig Mahl herbei, wer will schon mit leerem Magen zu Bette, und bei dieser Gelegenheit magst du uns wohl gleich noch einen guten Krug Weines herbeischaffen!“
Da keiner unserer drei Gefährten zu protestieren wagte, sondern man sich vielmehr ordentlich darüber verwunderte, wie der treffliche Mann nur gewußt haben könne, daß ihr Sinn allenthalben nach einer Mahlzeit stund, verließ das Mädchen die Stube und kehrte alsbald wieder zurück mit einem Kruge Wein nebst Räucherfleisch und einem mächtigen Laib Brot.
„Gott gesegn’ euch das Mahl, Gesellen!“, sagte sie mit wohlklingender Stimme, da sie nun das Gebrachte bei Tische absetzte, zum Kamin schritt und sich kosend einer Katze mit gesprenkeltem Fell zuwandte, welche durch die halb angelehnte Tür unvermerkt in die Stube gestrichen war und es sich auf dem warmen Gesims oberhalb des Kamins gemütlich gemacht hatte. Man sah dem Tiere das Wohlbehagen an, das es unter der kosenden Hand seiner Wärterin empfand. Die drei Gefährten hatten alsogleich begonnen, mit Lust den Speisen zuzusprechen; das Mahl erlabte ihnen Herz und Sinn, und da sie sich an dem köstlichen Mahle erquickt, der Wein ihr Gemüt erwärmt hatte, machte sich allenthalben eine wohlige Stimmung breit. Die Katze schnurrte mit Wohlbehagen auf dem Gesims, Ännchen hatte sich hinter dem Spinnrade niedergelassen und saß am Rocken, wobei sie jedesmal züchtig den Blick senkte, sooft einer der Gesellen zu ihr hinübersah, lustig prasselte das Feuer im Kamin, während vor den Fenstern das Unwetter mit unverminderter Kraft fortwütete, und zuletzt entspann sich zwischen den Gesellen, dem Wirte sowie dem Müller ein angelegentliches Gespräch.
Der Müller begehrte zu wissen, von wannen die Bursche kämen; der Goldschmied, stets der Erste bei der Rede, erzählte, daß er aus einem kleinen Dorf in Franken stamme und während seiner Lehrjahre bei einem berühmten Meister zu Nürnberg gedient habe. Endlich, zum Gesellen gereift, sei er, Felix, mit seinem Meister gar nicht mehr recht zufrieden gewesen: mit dem Reichtum sei jener gar hoffärtig geworden, hätte seine Gesellen zuletzt nicht besser gehalten als seine Hunde, weshalb er es vorgezogen habe, den Wanderstab zu nehmen; er verstünde sein Handwerk gar wohl, habe darnach in bayerischen Landen bei manchem berühmten Meister gedient, ja er habe für die junge Herzogin von Wittelsbach ein gar kostbar Diadem gefertigt von eitel Gold, mit Demanten und edlen Steinen besetzt. Im Bewußtsein seiner Wichtigkeit und um zu sehen, ob seine Worte Eindruck bei dem hübschen Ännchen hinterlassen hätten, blickte er kurz nach dem Spinnrade; doch Ännchen spann dort so still und emsig wie eh, sodaß der Goldschmied, durch den Wein noch kecker geworden, sich in die Brust warf und tönte: „Ja, so hat mein Handwerk mir bislang viel Ehr’ und so manchen Batzen noch obendrein eingebracht, und wer’s nicht glaubt, dem freilich wollte ich manch ein Probestück weisen, welches ich bei meinem Meister gefertigt!“
Nun, da das Wort einmal von den Lippen war, hätte er es nur zu gerne wieder zurückgenommen; doch es half einmal nichts, wer sich seiner selbst rühmt, der möge die Werke weisen – hic Rhodus, hic salta, und begreiflich verlangten nun alle ein solch Probestück zu sehen. Allein Fritz wollte dem Vermessenen wehren; er glaube ihm, versetzte jener, er solle sich nur hübsch bescheiden, für jetzt sei es genug damit. Allein Felix hatte schon nach seinem Bündel gegriffen, entwirrte alsbald den Knoten, mit dem er dasselbe an seinen Knotenstock gebunden hatte und förderte aus seiner Tiefe allerlei Spangen, Reife und Ringe zutage, die in der Tat gar anmutig gefertigt schienen. Auch seine beiden Gefährten konnten sich des Staunens nicht enthalten, der Patron gaffte, der Müller reckte seine Habichtsnase, nur Ännchen saß still hinter dem Spinnrade und schien sich der Begebenheiten bei Tisch nicht weiter zu bekümmern. Der Goldschmied, da er bemerkte, daß es ihm gelungen war, Eindruck bei den Beteiligten zu machen, schielte nach Ännchen.
„Hört“, fuhr er eifrig fort, „hört, jene Stücke, welche ihr da seht, sind nur Probestücke, mit denen ich mich bei künftigen Meistern empfehlen lasse; allein sähet ihr nur die Fibel, welche ich für des Ratsherren Tochter zu Nürnberg gefertigt, oder das kostbare Diadem für die Wittelsbacher Prinzessin – ei, ihr würdet für eitel Tand achten, was ihr jetzt mit euren Blicken so gar köstlich bestaunt!“
Zuletzt raffte der Goldschmied das Geschmeide wieder an sich und verwahrte es mit stolzgeschwellter Brust in seinem Bündel. –
Ludwig, befragt, was ihn denn in die Gegend geführt habe, versetzte, daß er eines Müllers Sohn aus der Gegend am Niederrhein sei und dereinst den Betrieb seines Vaters zu übernehmen gedenke. Der Vater habe ihn in die Welt hinausgesandt, da er gemeint habe, er, Ludwig, solle sich nur zunächst einmal in der Welt umsehen und bei andern wackeren Meistern zu Diensten gehen, damit er sein Handwerk von Grund auf lerne, wie denn auch er selbst, sein Vater, in den harten Lehr- und Wanderjahren seiner Jugend in die Welt hinausgezogen sei, ehe er seines eigenen Vaters Betrieb übernommen! Bis nach Böhmen hinauf sei sein Vater damals gekommen, wohl auch in die Täler der Schweiz, und so habe jener denn zu ihm gemeint, es sei nun ganz und gar nichts damit, alle Tage nur daheim bei Muttern zu hocken und dabei feist und fett zu werden; und so habe er denn auf des Vaters Wunsch sich aufgemacht, um sein Glück zu machen!
Der Müller vom Schrambach hatte aufmerksam zugehört; bei alledem tat er höchst interessiert, wischte seine Kutte, daß der Mehlstaub auf die Bänke fiel und meinte, indem er nach Ludwig sah, vielleicht könne er ja bald einen tüchtigen Gesellen gebrauchen, da einer seiner Knechte erst unlängst die Absicht geäußert habe, ihm den Dienst aufzukündigen. Er wolle es sich recht überlegen, bald wisse er mehr, und ehe sie morgen weiterzögen, wolle er ihm Bescheid tun, und wenn er sich als tüchtiger Gesell erwiese, nun, so hätte er wohl einen Platz für ihn frei. An ihm solle es nicht fehlen, meinte Ludwig, und tat einen tüchtigen Schluck aus seiner Weinkanne.
Endlich kam die Reihe an Fritz, der sich bislang kaum an dem Gespräche der übrigen beteiligt hatte. Der gab an, er stamme aus dem Elsaß, sei jedoch schon als Jüngling von dort weggezogen; Vater und Mutter habe er früh verloren, er sei daraufhin bei einem Oheim, der Sattler gewesen, zur Lehre gegangen und habe dasselbe Handwerk von der Pike auf gelernt. Zuletzt sei der Oheim ebenfalls verstorben, das Geschäft verkommen, und so sei er endlich ganz aus der Gegend weggezogen, da er dort keinerlei Aussichten gehabt, sein Handwerk weiter zu betreiben. Er habe fast ganz Deutschland durchwandert und sei nun auf dem Wege nach Tirol. Wie er gehört habe, daß der Kaiser ein großer Jäger vor dem Herrn sei und sich mit Vorliebe in der Stadt Innsbruck verweile, habe er beschlossen, seinen Weg nach dorthin einzuschlagen; er habe unterweges einen Zunftgenossen getroffen, einen gar wackeren Mann, der behauptet habe, der edel Herr Kaiser liebe die Jagd und die Pferde über die Maßen, und da sei es ihm eben in den Sinn gekommen, er könne ja einmal sehen, ob es für einen tüchtigen Gesellen wie ihn nicht eine Anstellung bei Hofe gäbe! In Geschäften der Jagd gäbe es immer etwas für ihn zu fertigen, Sättel, Falknertaschen, Felleisen und Ähnliches, und da sei er eben der rechte Mann dafür. Er sei nicht gar dünkelhaft, nein, gewiß nicht, er verstehe aber sein Handwerk wohl und denke, daß ein Kaiser einen trefflichen Sattler ebenso zu schätzen wisse als ein Bauer.
Also sprach der kluge Fritz, und fast schien es, als hätte das hübsche Ännchen bei dessen Worten das erste Mal leise hinter dem Spinnrade geseufzt und einen Blick stillen Wohlgefallens nach dem Tische geworfen.
„Wacker gesprochen, junger Gesell“, meinte der Wirt zu jenem gewandt, „weiß Gott, da habt Ihr Euch ja allerhand vorgenommen! Aber Ihr habt wohl recht, packt die Sache nur immer wacker an, denn nur dem Tüchtigen hilft das Glück!“
So spann sich das Gespräch unter mancherlei Verwicklungen fort, das Feuer prasselte im Kamin, Ännchen saß still hinter dem Spinnrade und verließ dasselbe nur, um zuweilen ein-, zwei Scheite Holz ins Feuer zu legen, damit die Flamme nicht zur Unzeit erlöschen möge. Ein weiterer Krug ward gebracht, doch allmählich schienen unseren drei Freunden die Augen zuzufallen. Der Wirt füllte aufs Neue die Gläser und forderte zum Trinken auf. Allein Fritz erhob sich endlich und sagte, für jetzt habe er genug getrunken – er sei müde und begehre nun auf die Kammer zu gehen; und da sich fand, daß auch den beiden Gefährten bereits die Lider schwer wurden, war es nicht gar schwierig, sie von der Vernunft seines Entschlusses zu überzeugen.
„Nun denn“, versetzte der Wirt, „es ist ja unterdessen reichlich spät geworden; und seht, das Gewitter hat sich ja immerhin fein verzogen, und so Gott will, werdet ihr morgen einen feinen Tag haben, um euere Reise fortzusetzen! Indes verzeiht“, fuhr er fort, „verzeiht immerhin, wenn ich Zeche und Quartier meiner Gäste stets vorab zu verlangen pflege; wohl dünkt ihr mich aufrechte Kerle zu sein, doch mußte ich wohl schon zuweilen Erfahrungen der anderen Art machen, und Vorsicht ist ja bekanntlich besser als Nachsicht!“
„Habt keine Bedenken, Herr Wirt“, versetzte Felix, „sagt nur immer frisch an, was es gelten soll, wir wollen Euch nichts schuldig bleiben!“
So ward der übliche Handel schnell abgetan, die Gefährten bezahlten ihre Schuldigkeit mit güldnen Batzen, wie es sich nun für rechte Handwerksbursche allezeit geziemt, und der Goldschmied legte überdies noch einen Gulden extra auf den Tisch und gebot, es sei schon recht, wenn der Herr Wirt die Güte habe, ihnen morgen vor dem Aufbruch noch ein wackeres Frühmahl zu rüsten. Und hui! – wie gar schnell war da der Gulden im Kittel des Wirtes verschwunden! Mit verdoppelter Beflissenheit versicherte er nun, sie würden mit ihm zufrieden sein, er sei ihr ergebener Diener, machte einen Bückling nach dem andern, und falls sie etwas zu ihrer Bequemlichkeit bedürften, sie sollten nicht säumen, nach ihm schicken zu lassen, er stünde jederzeit zu ihrer Verfügung. Zuletzt hieß er Ännchen, welche sich hinter dem Spinnrade erhoben hatte, die Herren nach droben zu bringen und ihnen ihr Nachtlager anzuweisen.

 


 




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