Der Fischer steht am kargen Strande
wo brausend, an des Ufers Rande
die Flut im roten Abendlicht
sich schaudernd an der Klippe bricht!
Wie ist so klamm der Himmelsbogen!
Wie liegt so grau des Meeres Saum!
Und über sturmgepeitschten Wogen
ziehn Wolken durch den öden Raum!
Wohlan! – mag sich das Meer empören
die Elemente sich verschwören!
Wo sind die Netze? – Hurtig, hei!
Das Ruder her! – Den Kahn herbei!
Schon stößt der Fuß den schwanken Nachen
mit kühnem Wagen in die Flut;
Da hört er – seliges Erwachen!
des Weibes Stimme, sanft und gut!
„Laß’ Liebster, ach! von deinem Wagen
und hör’ auf deines Weibes Klagen –
Bedenke!“, ruft sie schaudernd aus;
„Der Malström! O fahr nicht hinaus!“ –
„Ei was! Bin tausendmal gefahren!“
„O halte ein, und tu Verzicht!“
„Mein fester Mut wird mich bewahren!“
„Ach Liebster, bitte, fahre nicht!“
Sein Arm greift rüstig in die Riemen;
„Die Furcht mag wohl dem Weib geziemen“,
versetzt er, „doch verzage nicht!
Vertrau’ auf Gottes Zuversicht!“
„Doch soll man nie den Herrn versuchen!“
„Dem Tapferen nur hilft das Glück!“
„Die Götter den Vermess’nen fluchen!“
„Ha! Nur wer wagt, der kehrt zurück!“
Sieh, ach! noch einmal mit dem Arme
winkt er dem Weib in seinem Harme,
und stößt den Nachen in die Flut! –
„Bei Gott!“, ruft sie, „sei auf der Hut!“
Und hui! – wie schäumt, wie sprüht die Welle
rings um den schwanken Kahn daher!
„Grüß mir die Kinder!“ – hurtig, schnelle
entflieht das Fischerboot im Meer!
Am Bug zuvorderst steht der Schiffer
von Gischt umtobt, und wilder, tiefer
schwillt ringsherum der Wogen Macht –
doch kundig, wägend, wohlbedacht,
bewährt in allerlei Gefahren
mit tapfrem Herz und wackrem Sinn
weiß das Gefährt er zu bewahren,
schifft sicher durch die Woge hin!
Doch siehe! – an gewohnter Stelle
wo rüstig, auf bewegter Welle
er stets sein Netz zu werfen pflog
da braust das Meer im wilden Sog!
Husch, husch! – Gespenstisches Gewölke
wallt niederwärts, der Nachen ächzt!
Wie seltsam knarrt es im Gebälke!
Wie schauerlich die Möwe krächzt!
Den Fischer, ihn beginnt zu schauern
sein Wagemut ihn jäh zu dauern
da flattert – husch! – am Segelturm
ein Albatros im grauen Sturm!
Wie dunkel wallen dort die Nebel
gar düster übers Meer herein!
Der Wirbel kreist, des Meeres Übel
in mannigfacher Fährnis dräun!
Und jäh, mit tausend klammen Armen
mit gäher Wut, und ohn’ Erbarmen
faßt wild die Flut den Nachen an
und braust, auf toller Wirbelbahn
nun rings umher im schäum’nden Kreise,
in einen ungeheuren Schlund!
und hurtig, hurtig, geht die Reise
huhu! – im schauerlichen Rund!
Dem Schiffer graut’s, sein Herz schlägt bange
und lange! ach, entsetzlich lange,
sein Auge, schaudernd, und ganz nah
schaut bebend, was es nie noch sah!
Ein Abgrund, schwärzer als die Hölle
fällt schaurig nach des Meeres Grund
und wälzt die ungeheure Welle
wild rasend durch den Höllenschlund!
Schau! – alte, morsche Planken treiben
gar schauerlich im wüsten Stäuben
der furchtbarlichen Strudelbahn
und schlagen an den schwanken Kahn!
Von Tang und Muscheln wild umhangen
spült Schiffsholz der gewalt’ge Strom
rings vor sich her, das Boot gefangen
in wilder Wogen Ungestüm!
Sieh da! – Sieh da! – mit einem Male
die ungeheure Seespirale
klafft grauenhaft nun jäh entzwei,
gibt schaudernd ihr Geheimnis frei!
Sieh! – Altersgraue Golddublonen,
Gebeine, birgt das Höllentor;
und moosbehang’ne Galeonen
sehn fahl, gespensterbleich, hervor!
Es blickt der Fischer mit Entsetzen
und schierem, furchtbaren Ergetzen
in die verwunschne Meeresgruft!
Horch, Grabgeläute in der Luft!
Und gurgelnd braust der Strom hernieder
auf des verwunschnen Meeres Grund
was er verschlingt, gibt er nicht wieder
bewahrt es bis zur letzten Stund’!
Und langsam wallen rings die Wogen
zurück am tiefen Meeresbogen
und decken rings die Grüfte zu
über dem Abgrund, welche Ruh’!
Im wilden Strome der Gezeiten
liegt Gottes furchtbarer Altar!
Ein Friedhof dort seit Ewigkeiten
des Meeres Geisterseelen war!
Zurück