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(Siegfried von Aue)

Ich träumte einst mit sehnsuchtsschwerem Herzen,
da trat ein Engel hold aus meinem Traume,
sein himmlisch’ Licht verbreitend in dem Raume,
vor seinem Schein entflohen alle Schmerzen.

Kaum wagt’ ich es, die trunk’nen Augen zu erheben,
Entrückt und fern erschien mir die Gestalt.
Und ahnt’ ich doch, es wäre ihr Gewalt,
zu richten oder segnen mich, gegeben.

Da ich noch staunend sah den wundersamen Gast
ergriff das Wort das lichtumflorte Wesen
und sprach: „Von allem Leid sollst du genesen,
so du nur rechten Glauben hast.“

Da rief ich laut: „Ich will dir immer glauben,
und nimmermehr will ich verzagen,
nun, da dein Lächeln liegt auf meinen Tagen,
soll nichts die Zuversicht mir rauben.“

Mit diesem Wort der Engel schien zufrieden
und sprach: „Willst du mir stets vertrauen,
so werd’ dein Herz ich führen auf grüne Auen,
das Paradies zu geben dir hienieden.“

So lebt’ ich glücklich von der Stunde an,
geborgen in des Engels sanften Schwingen
durft’ meine Tage leidlos ich verbringen
und seliger, als es gewesen je ein Mann.

Doch als die Zeit verstrich, da wurde laut
der Zweifel Stimme in der ruhelosen Brust
wie dunkle Schatten fiel’s auf meine Lust –
weh dem, der liebt und nicht vertraut!

„Oh, Du mein Engel, meines Lebens Licht!
Wohl fühl ich Liebe durch die Adern rinnen,
von dir erfüllt mit allen meinen Sinnen,
trau’ ich doch meinem Glücke nicht.“

Als unbedacht dies töricht Wort gesprochen,
da wurde bleich der Bote aus Elyseen:
„Der Liebe Reich lag dir zu Füßen,
du aber hast das Wort gebrochen!“

Und alles Licht, das zärtlich ihn umstrahlte,
es wurde fahl, verlosch wie Schwanensang,
und war’s mir auch im Herzen bang,
es war doch meine Schuld, für die ich zahlte.

Nun leb’ ich einsam in vergang’nen Zeiten,
das Glück - ich hab es nicht bewahrt,
und statt des Engels milder Gegenwart
wird ewig Sehnsucht mich begleiten.

Den Himmel nimmer wird erlangen
der stets vom Zweifel läßt sich leiten,
und ob auch Engel ihn begleiten,
es stillt nicht seines Herzens Bangen.

Und statt des Friedens auf Arkadiens Auen
sich in der Seele Tiefe zu erfreuen,
sein Leben bleibt ein ewig’ Reuen,
wie kurz nur war das Glück zu schauen!

Oh, wenn der Liebe Traum doch ewig währte –
doch nimmer will ich dich vergessen,
nur Gott kann mein Verlangen messen
nach dir – mein himmlischer Gefährte!
 


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