(Die einsame Klage Ludwigs II. von Bayern beim Königshaus auf dem Schachen)
Der Wolken Purpursaum erlischt
verglühend hinterm Wetterstein;
und kühler Abendschatten mischt
sich in den trüben Dämmerschein.
Die nächtlich-stille Stunde naht,
der Himmel flammt im Sternenflor
und überm wilden Felsengrat
schwebt mild vertraut der Mond empor!
Wie liegt so still die Sommernacht!
Ein Schneegrat gleißt im Mondenlicht
es gleicht, in der Gestirne Pracht
der Himmel einem Traumgesicht!
In krummen Arven seufzt der Wind,
der Herdenklang ist längst verweht
wo überm Tale, hochgesinnt
das Königshaus am Schachen steht!
Wie flimmt und flammt das Firmament!
Wie schweigt so still das Erdenrund!
Da tritt eine Gestalt behend
hochragend in den Felsengrund!
Der König ist’s! – das Mondlicht streift
ein Antlitz voller Majestät
das sinnend in die Ferne schweift
wenn schauernd er am Abgrund geht!
In Mondlicht wallt die Felsenkluft!
Im Märchenglanz der Phantasie
weilt einsam er im Mondscheinduft
tiefinniger Melancholie!
Was nie der Welt er noch bekannt
quillt aus dem Herzen nun mit Macht
und all die Leiden, ungenannt,
vertraut er stumm der Waldesnacht!
„Warum“, so hebt er leise an,
„warum nur muß ich König sein?
Ist der geringste Untertan
doch nicht, gleich mir, so ganz allein!
Weshalb, o Menschen, wolltet ihr
mich immer anders, als ich bin
kann je ein Mensch etwas dafür
wenn Gott ihn schuf nach seinem Sinn?“
„Zu jung war ich, die Last zu groß
als man zum König mich geweiht;
da floh ich in der Musen Schoß
was ach! – die Welt mir nicht verzeiht!
Kaum trag’ ich länger mein Geschick! –
O selige Vergangenheit!
In dir, in dir ruht all mein Glück,
so Gegenwart als Ewigkeit!“
„Nie hat“, so fährt er leise fort,
„ein wahrer Freund mich sein genannt;
nie eines Weibes holdes Wort
geflochten mir der Liebe Band!
Man hieß mich einen Toren schier
mein Herz, wie litt es, stumm und still
daß ich nun anderen und mir
ein ewig Rätsel bleiben will!“
„Ach sähet eurem König ihr
o Menschen, tief in diese Brust!
Hin gäb’ ich meine Macht allhier
nur für ein wenig Freud’ und Lust!
Doch ach! – mein ist der Nächte Qual
mein ist des Leides stummer Schmerz;
ich fühl’s, ich fühl’s, wie noch einmal
verblutet dies gequälte Herz!“
O eitle Welt in ihrem Wahn,
die solche edlen Herzen bricht;
sie sieht stets nur den schönen Schwan
doch seinen Sang erhört sie nicht!
Den Fittich schwinge himmelwärts
o Seele, die man nicht verstand;
find’ Ruhe für dein müdes Herz
in dem verheiß’nen Märchenland!
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