Gern will ich euch erzählen ein Märlein lobesam
das ich von Troubadouren aus alter Zeit vernahm
von Marion und Robin, die liebten sich gar sehr
wohl fand man größ’re Minne auf Erden nimmermehr!
Ein holdes Schäfermädchen ja das war Marion
und Robin, der Geliebte, ihr treuer Korydon.
Sie kosten manche Stunde von Minnedurst erfüllt
bei ihren blanken Schäfchen im blühenden Gefild.
Einst weilte in den Fluren allein das schöne Kind
und flocht für ihre Locken aus Blumen ein Gewind.
Es lag der schöne Robin allein ihr nur im Sinn
gar manch verliebte Weise sang da die Schäferin.
„Ein purpurfarbnes Röckchen mein Buhle schenkte mir
dazu ein Schäferstöckchen und Gürtelchen zum Zier.
Juchheisa Robin liebt mich und er ist mein, ja mein!
Juchheisa Robin liebt mich und ich bin sein, ja sein!“
Doch sieh! – da ritt gar plötzlich stracks aus dem grünen Holz
ein Ritter hoch zu Pferde, das Antlitz kühn und stolz.
Auf seinem Lederhandschuh da saß ein Falke, traun! –
mit einer Falkenhaube und Schellen an den Klau’n.
Er nahte sich der Schönen die dort im Schatten lag.
„O schönste Jungfrau“, sprach er, „ich wünsch’ dir guten Tag!“
„Gott segne und erhalte“, sprach sie, „Herr Ritter, Euch!“
und ruhete gar lieblich beim Haselnußgesträuch.
„Ei sage, teures Mädchen“, sprach nun der Rittersmann,
„mir in der Minne Namen: warum singst alsodann
du jenes holde Liedchen so innig und gar oft
als ob da irgendjemand es zu vernehmen hofft‘?!“
„Ein purpurfarbnes Röckchen mein Buhle schenkte mir
dazu ein Schäferstöckchen und Gürtelchen zum Zier.
Juchheisa Robin liebt mich und er ist mein, ja mein!
Juchheisa Robin liebt mich und ich bin sein, ja sein!“
„Nun denn“, sprach da der Ritter, „so tu’ mir, Liebchen, kund
hast Vöglein du gesehen dort auf dem Wiesengrund?
Ein Entlein oder Reiher? Hei, munter nur, sag‘ an
damit ich mit dem Falken auf Beize gehen kann!
„Der Vöglein mehr gesehen als ich wohl zählen kann
hab’ ich dort in den Hecken waldein, waldaus den Tann.
Wohl habe ich gesehen gar manches Vögelein;
den Goldfink und die Ammer, die sangen ja so fein!“
„Ho, Närrlein, ho, du treibest dein loses Spiel mit mir!
Fickfacker! Fink und Ammer! – wenn ich den Falken führ’!
Doch sag‘ mir, schönstes Mädchen wie wär’ es mit uns zwei‘n
ein kleines Schäferstündchen das ginge wohl darein!“
„Zurück und keinen Schritt mehr gleich hebet Euch hinweg!
Das würde Euch so passen nun weicht von diesem Fleck!
Ich liebe ja nur Robin und das, Herr Ritter, wißt!
Doch wollt’ ich wohl erfahren wie Euer Name ist!“
„Aubert!“ sprach er, „doch willst du nicht kommen in den Hain
mit mir auf meinem Rosse ins Tälchen da hinein?
Dort unter wilden Rosen da küßte es sich gut
da wollt’ ich wohl dich kosen und fühlen wie es tut!“
„Eh la di da, ach geht mir und bleibet mir vom Leib
mit Euren Tändeleien und schnödem Zeitvertreib!
Ich liebe ja nur Robin und niemals Euch, Aubert,
hier ist für Euch kein Acker der zu bepflügen wär’!“
„Ei girre nur, mein Täubchen und sträube dich nur recht
wohl kenne ich euch Weibchen und launisches Geschlecht.
Auch steht solch kecke Rede dem Hirtenvolk nicht an
du bist nur eine Schäf’rin und ich ein Edelmann!“
„Ich bin nur eine Schäf’rin“, sie sprach, „doch habe ich
ja wohl einen Geliebten gar treu und minniglich!
Selbst wenn Ihr König wäret im ganzen Reich, Aubert,
so liebt’ um des ich trotzdem Euch keinen Heller mehr!“
„Genug mit vanitate noch eh‘ ich mich’s verseh‘
viel Glück und Gott befohlen gehab’ dich wohl, adé!
So will ich denn, Feinsliebchen, nun meiner Wege gehn
und nie mehr zu dir sprechen leb’ wohl, Aufwiedersehn!“
Er sprach’s und ritt von dannen feldein die grüne Flur,
die Schäferin verlachte den eitlen Gockel nur.
Sie stimmte auch ein Liedchen aus frischer Kehle an
da schallt‘ es ihr entgegen aus Wald und Wiesenplan.
„Hei Robin, sag’ wann kommst du trali trala zu mir?“
„Hei Marion, ich komme trali trala zu dir!“
„Hei Robin, komm’ und eile zu deiner Marion!“
„Hei Marion, ich eile und sieh, da bin ich schon!“
„Ach Liebster, komm’ und küß’ mich gottlob, nun bist du da
nie möchtest du erraten wie eben mir geschah;
ein Ritter hoch zu Pferde der einen Greifen trug
mich um die Gunst der Minne gar unverhohlen frug.“
„Es wollt’ der Bärenhäuter mir stracks ans Pelzchen gehn
alleine Gott bewahre! – nie ließ’ ich es geschehn!
Des magst du nicht dich grämen du weißt, ich bin ja dein
ich wollte mich was schämen ließ’ ich darauf mich ein.“
„O Marion, Geliebte, du brächest mir das Herz
denn ach, mit Liebesdingen da treibt man keinen Scherz.
Wär’ ich zur Stell’ gewesen als frech er dein begehrt
ich hätte dann, zur Wette, wohl mores ihn gelehrt!“
„Ach Robin, Liebster, bitte ereifere dich nicht“,
sprach Marion herzinnig, „vergiß’ den eitlen Wicht!
Laß’ lieber an Gesängen und Tänzen uns erfreun
und um die Bäume schlingen den lust’gen Ringelreihn!“
„Ei warte denn“, sprach Robin, „gleich hol’ ich huckepack
das Waldhorn und die Fiedel und auch den Dudelsack;
dann will ich noch um Hilfe nach meinen Vettern sehn
kommt dein Verehrer wieder dann soll’s ihm schlecht ergehn!“
„Ach Robin, kehr’ bald wieder mach fort und eile schnell.
Lad’ auch meine Gespielin die heit’re Peronnelle.
Du findest sie am Wege zu Roger’s Mühle dort
ganz hinten bei den Gärten gleich eile, Freund, hinfort!“
Es lief der treue Robin quer durch die Trift davon
zu Gautier, dem Heißsporn, und seinem Freund Baudon.
Noch gänzlich außer Odem pocht’ er an ihre Tür
es treten die Gefährten auch alsogleich herfür.
„Hört zu“, rief er, „ihr Vettern kommt schnell und folget mir
denn ein verruchter Ritter hätt’ gerne sein Plaisir.
Das Pelzchen hätt’ gestriegelt er Marionen gern
nun will ich fast besorgen er möchte wiederkehr’n!“
„Wohlan, eilt denn ihr beide“, rief Robin, „nur voran
ich will indessen laufen so schnell als ich nur kann.
Huart und Peronelle noch will holen ich geschwind
damit wir unser alle vergnügt beisammen sind!“
So eilte denn ein jeder auf seinem Pfad davon,
es harrte unterdessen alleine Marion
daß die Gespielen kämen zu Schäferspiel und Tanz
und trug um ihre Stirne den bunten Blütenkranz.
Doch sieh! – da ritt von neuem stracks aus dem grünen Holz
von vorhin jener Ritter das Antlitz kühn und stolz.
Er führt’ nicht mehr den Falken der fahet wohl sein Ziel
dafür in seiner Rechten ein schönes Federspiel.
„Bonsdies“, er sprach, „mein Liebchen bist du nicht jene Maid
die ich denselben Morgen gesehen auf der Weid’?“
„Beim Himmel, Sire“, sprach sie, „macht fort und reitet zu
ach tut mir’s zum Gefallen und lasset mich in Ruh!“
„Gemach, mein schönstes Liebchen ich will nichts Arges dir
ich such’ nur meinen Falken in diesem Waldrevier.
Vielleicht hast du gesehen ihn ja von ohngefähr
mir war es gleich als flöge er eben zu dir her!“
„Fort, fort“, rief jetzt die Schäf’rin, „seht nach den Hecken dort
denn Schellenklang vernahm ich ganz leis’ an jenem Ort!“
„Bei deiner Ehre, Fräulein?“ frug drauf der Rittersmann.
„Bei meiner Ehre, Sire, die setzt’ ich wohl daran!“
„Nun ja“, begann er wieder, „der Vogel wär’ mir feil
würd’ mir solch schönes Mädchen, wie du eins bist, zuteil.
„Um Himmels willen, Sire“, rief da die Schäferin,
„seht Ihr denn nicht, wie bange und ängstiglich ich bin?“
„Vor wem nur, Mädchen“, frug er, „ist dir denn gar so bang?
„Vor Robin“, rief, indem sie wie wild die Hände rang,
„denn so er all dies wüßte und eifersüchtig wär’
ich wollte dann fast wetten er liebte mich nicht mehr!“
„Nun, willst du mich erhören braucht dir nicht bange sein!“
„Ach fort, hinfort, so geht doch und lasset mich allein!
Hört, wenn nun jemand käme und uns beisammen säh’
wie tät’ mir das Geklatsche in tiefster Seele weh!“
Kaum war auf ihren Lippen das letzte Wort verhallt
da wanderte auch, siehe, schon Robin durch den Wald.
Wohl hielt er einen Falken gar fest in seiner Hand
den er verirrt und einsam dort in den Hecken fand.
Erzürnt rief da der Ritter: „Vermaledeiter Tropf,
was würgst du meinen Falken so gröblich da am Kropf!?
Gleich lässest du ihn fahren sonst soll’s dich noch gereun
und will dich Tölpel tüchtig mit meinem Schwerte bleun!“
„Ihr irret Euch“, sprach Robin, „und tut nicht recht an mir!
Ich fand wohl in den Hecken allein das arme Tier.
Damit es nicht entflöhe drum packt’ ich fest es an
doch hab’ ich ihm, auf Ehre, gewiß kein Leids getan!“
„Verfluchter Bauernlümmel, nun nimm’ dich wohl in acht
denn diese Tracht voll Prügel hab’ ich dir zugedacht!“
Der Rittersmann verpaßte dem Ärmsten alsogleich
links, rechts ihm um den Schädel gar herben Backenstreich.
„Zu Hilfe, ach zu Hilfe!“ rief Robin in der Not.
„Fi, Sire“, rief die Schäf’rin, „Ihr schlägt ihn ja halbtot.
Den Knaben zu verprügeln wie Ihr es tut, Aubert,
ist ritterlich mitnichten und schafft Euch wenig Ehr’.“
„Sieh, Mädchen, meinen Falken“, er rief, „und sag’ mir dann
ob ihn so zu behandeln er etwa wohlgetan?!“
„Kennt’ er die rechte Weise hätt’ minder ungestüm
den Vogel er behandelt drum lasset ab von ihm!“
„O nein“, rief er, „es wär’ denn du kommst sogleich mit mir!“
„Niemals kann das geschehen, mein Herr, das wisset Ihr!“
„Ei was“, rief er, „nur Grillen und eitel Narretei
auf meinem schmucken Rößlein ist noch ein Plätzchen frei!“
Er packte Marionen noch eh sie sich’s versah
und hui, lag sie querüber im Sattel vor ihm da.
„Ha“, lachte da der Ritter, „das nenn’ ich wohl gemaust
jetzt wird – und dafür steh’ ich – die Wolle dir gezaust!“
Zwar zappelte die Schäf’rin und schrie gar laut Protest
doch hielt der Degen wacker die holde Beute fest.
Dann stob er stracks von dannen ob sie auch weidlich schrie
und Robin blieb alleine zurück bei seinem Vieh.
„Verloren ist nun alles und alles, alles hin!“
so rief er händeringend verzagt an Herz und Sinn.
„Es säumen meine Freunde und Marion ist weg
es hat nun alle Hilfe ja doch mehr keinen Zweck!“
„O wären doch gekommen Baudon und Gautier“,
so rief er todbeklommen nun zwischen Ach und Weh.
Doch siehe da, schon kamen mit frischem Sing und Sang
die Vettern alle beide den Wiesenpfad entlang.
„Ach Gautier, seid ihr es“, rief er, „du und Baudon?
Hört, alles ist verloren hinweg ist Marion!“
„Warum“, frug Gautier drauf, „holst du sie nicht zurück?“
„Vernehmt sogleich“, sprach Robin, „mein grobes Mißgeschick!“
„Der Ritter, der verruchte, von dem ich euch erzählt
hat, während ich bei euch war, mein Liebchen arg gequält;
mit seinen derben Zoten gar kecklich räsoniert
und sie auf seinem Pferde zuletzt auch noch entführt!“
„Wär’ ich am Platz gewesen“, rief wutentbrannt Baudon,
„nicht käm’ der arge Kerl mir auf solche Art davon!“
„Ei, gerne äß’ ich Kirschen mit ihm“, sprach Robin, „nicht
fühl’ ich doch seine Schelle noch brennen im Gesicht!“
„Bei solchem rohen Burschen“, sprach Robin, „wie ihr wißt
da frommt kein wüstes Balgen da hilft nur kluge List!
Wir wollen uns verbergen dort hinter dem Gebüsch
und sehen, was zu tun sei Not macht erfinderisch!“
Es währte nicht gar lange da kam der Rittersmann
mit Marion vornüber am Flecken wieder an.
Er schnob und fluchte weidlich da wahrhaft, wie es schien,
vergeblich aufgewendet er seine Liebesmüh’n!
Allein er schnitt beharrlich der Schäferin die Cour
und sprach und schwadronierte vom Willen der Natur.
Denselben Willen hätt’ er nur allzugern erfüllt
und seines Pflugs Gelüste im Haberfeld gestillt.
Darob entbrannte Robin in größte Eifersucht
daß jener pflücken wollte die gar verbot’ne Frucht.
Den Ritter anzuführen sann wohl er her und hin
da kam zu guter Letzt ihm ein Kniffchen in den Sinn.
„Baudon und Gautier auch und alle zwanzig Mann
verjagt mir jenen Schelm dort wohlan denn, drauf und dran!“
So rief er, die Gefährten sie schlugen laut Hurra
als wären dort im Busche gleich zwanzig Männer da.
Das schreckte wohl den Ritter aus seinem Minnewahn.
„Mit Zwanzigen“, so rief er, „leg’ nimmer ich mich an!
Adjes mein Schäfermädchen ich muß nun leider gehn
Gott segne dich, Feinsliebchen, die Zeit mit dir war schön!“
Er spornte seinen Rappen rischrasch durchs grüne Holz
zwar ritt er hoch zu Pferde doch nimmer kühn und stolz.
Den Freier loszuwerden war Marion ganz recht
und nicht, wie mancher Schelm wohl darüber denken möcht’!
Nun kamen die Gefährten aus dem Versteck hervor
und lachten und frohlockten ob ihres Streichs im Chor.
„Komm’ Liebster“, rief die Hirtin, „komm’ und umarme mich
verschwunden endlich ist der verliebte Wüterich!“
„Dies will ich tun, mein Liebchen, und nicht lang zaudern erst
wenn dies es ist“, sprach Robin, „was du von mir begehrst!“
„Sieh einer an den Schlingel“, rief Marion pikiert,
„nun küßt er mich vor allen ganz wild und ungeniert!“
Da gab’s nun manches Scherzchen und eitel Neckerei
denn Peronelle, die kam mit Huart jetzt auch herbei.
Allbeide fröhlich sangen und trugen, huckepack,
das Waldhorn und die Fiedel und auch den Dudelsack.
Man tät sich wohl bereiten zu Tanz und Schäferspiel
als jäh ein Wolf die Herde der Lämmer überfiel.
„Ach Marion, da sieh nur“, rief Gautier nun aus,
„es zerrt der Wolf ein Schäflein zum Anger dir hinaus!“
Ach Robin, Liebster, laufe“, sie rief, „und eile schnell
„bevor er es verschlungen mit Haut und Haar und Fell!“
„Ei Gautier“, sprach Robin, „leih’ deinen Knüttel mir
dann will ich wohl euch zeigen gar wackere Manier!“
Er sprang dem kecken Räuber gleich kühnlich hinterher.
„Ho, Wölfchen, ho“, so rief er, „gleich gibst du’s wieder her!“
Er gerbte mit dem Stecken links, rechts das Pelzchen ihm
daß heulend und mit Schrecken floh Meister Isegrim.
Das Lämmchen auf der Schulter so kehrte er zurück.
„Ganz unversehrt noch ist es“, so rief er, „welch ein Glück!
Wie also, wer behauptet daß ich ein Feigling wär’?
Hier, Marion“, sprach Robin, „dein Schäflein, bitte sehr!“
Es waren die Gefährten nun sämtlich froh vereint
Baudon und Gautier und Huart, der edle Freund.
Dann Marion und Robin zu guter Letzt Perrette
das macht ein halbes Dutzend im Handumdrehn komplett.
Nun herrschte große Freude am Flecken allerwärts
man trieb wohl manche Possen und mutwilligen Scherz,
nach rechter Schäferweise in froher Heiterkeit
wo man an Spiel und Tänzen sich inniglich erfreut.
„Auf Kinder, laßt uns tanzen“, rief Peronnelle, „ei wohl
du, Robin, führ’ den Reigen frisch auf zur Farandole!
Huart, du sollst uns pfeifen am Dudelsack davorn
ihr andern, liebe Vettern ihr blaset frisch ins Horn!“
Da ward denn nun geblasen, gefiedelt und trompett’
als ob des lust’gen Treibens es schier kein Ende hätt’.
Was sich dann noch begeben wär’, wie man sagen hört
hätt’ einer es beschrieben, wohl des Erzählens wert!
Ich will nichts weiter künden wie mir gar wohlgeziemt
denn der Ergötzlichkeiten hab’ ich genug gerühmt;
drum Sänger, davon schweige wie Menschen einmal sind
wie solche Sachen enden das weiß ja jedes Kind!
Mein lobesames Märlein ist damit nun zu End,
und so man irgendwelche Moralia drin fänd’
es wären etwa diese: bleib’ allezeit getreu
was Gott dir schenkt, bewahre und wen du liebst, erfreu’!
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