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Inspiriert von Edvard Griegs Suite „Aus Holbergs Zeit“

Was achten wir der Tage   sind wir an Jahren jung! –
doch fliehen sie, und werden   uns zur Erinnerung.
Drum eh’ sie ganz versinken   in der Vergangenheit
will ich noch einmal singen   ein Lied aus Kienpergs Zeit!

Mag man mich einen heißen   der in der Welt nichts gilt
und ob man auch gleich Träumer   und Taugenichts mich schilt:
ich wende sehnsuchtstrunken   nach rückwärts meinen Blick
und wie durch Zauber kehrt mir   die alte Zeit zurück!

Ich seh’ im grünen Tale   an eines Bächleins Rand
mein Elternhaus jetzt wieder   wo meine Wiege stand;
seh’ Vater, Mutter vor mir,   noch beide jugendlich,
als ihnen Last und Mühe   noch nicht den Scheitel blich.

Den Vater seh’ ich klimmen,   ein wackrer Jägersmann,
auf freie Bergeshöhen   den Felsenpfad hinan.
Es schlug fürs Jägerleben   das Herz in seiner Brust
und nach dem Wild zu streben   galt ihm die höchste Lust!

Die Mutter seh’ im Garten,   in Stube, Flur und Haus
ich der Geschäfte warten   mit Fleiß, tagein, tagaus;
in ihrer blanken Schürze   gar still und lobesam 
als damals mancher Gast noch   zur Sommerfrische kam.

In meiner kleinen Kammer   da hatt’ ich stets bei Nacht
den Heimchen zuzuhören   das Fenster aufgemacht.
Sie brachten mir manch Ständchen   bis selig ich entschlief
und morgens früh vom Kirschbaum   gar süß die Amsel rief.

Des Brunnens helles Plätschern   war mir so wohlbekannt
das durch das offne Fenster   den Weg ins Bettchen fand.
Ich sah die Sterne funkeln   am blauen Himmelzelt
und hörte das Gezirpe   der Grillen her vom Feld.      

Wie es mich nach der Schule   stets in das Freie zog
sodaß mein ledern Ränzlein   gleich in die Ecke flog.
Da gab es kaum noch Fernsehn   das heut’ die Trägen ruft
und nicht Computerspiele   in dumpfer Stubenluft!

Ich seh’ die hohen Berge   im Sonnenglanz vor mir
und rings im stillen Kreise   das traute Waldrevier;
das kleine Bächlein, das sich   durch Blumenauen wand
und schon vor langen Jahren   durch Menschenwerk verschwand.

Ich sehe die Gespielen   der holden Kinderzeit
Hans, Grete und Sabinchen,   Marie und Adelheid.
Wir tanzten Ringelreihen   und spielten Blindekuh
und fiel wer in den Graben,   so lachten wir dazu.

Sieh dort die Blumenwiese   umschwebt vom Schmetterling
wo ich von Nachbars Suse   den ersten Kuß empfing;
und wir am blauen Himmel   in zärtlichem Umfahn  
inmitten bunter Blumen   die Wolken ziehen sahn.

In meines Oheims Mühle   am kühlen Waldesbach
da wurden die Gefühle   der ersten Liebe wach;
sooft dort im Geheimen   halb ernst und halb im Spiel
gar manches Lederhöschen   und manches Schürzchen fiel!

Wir kletterten auf Bäume   so hoch wie Babels Turm
wir fingen, um zu fischen    gar manchen Regenwurm.
Und wurden wir vom Förster   auch manchesmal erwischt
so hatten wir doch selten   im Trüben nur gefischt! 

Wir schlugen uns mit Schwertern   aus Holz vom Haselstrauch
wir stahlen heimlich Äpfel   und Nachbars Kirschen auch;
mit Vaters altem Fahrrad   das klapperte vor Rost
ging’s ohne Helm dahin wie   als mit der Extrapost!

An Weihnacht lag die Landschaft   oft metertief verschneit,
da war ein rechter Winter   so selten nicht wie heut’;
ein arger Schwerenöter,  wer da vorm Ofen blieb
wo es uns in das Freie   in hellen Haufen trieb.

Wir bauten manchen Schneemann   fürwahr, man glaubt es kaum
der länger noch gewesen   als je ein Weberbaum;
wir brausten mit den Schlitten   zu Tal in wilder Fahrt
und auch mit Schneeballschlachten   ward weidlich nicht gespart.

Da setzte es nun freilich   wenn man zu wild verfuhr
zuweilen wohl die ein o-   -der andere Blessur.
Indes geschah es niemals   daß man in Hysterie 
sogleich nach Ambulanzen   und nach dem Doktor schrie.

Wohl gab es unter Nachbarn   auch damals manchen Streit
doch war man zu verzeihen   dem Nächsten stets bereit.
Man rief nach Advokaten   und Richtern nicht sogleich
und löste seine Händel   im häuslichen Bereich.

Man setzte unter Fremden   sich noch an einen Tisch
und schwieg nicht wie die Götzen   so stumm als wie ein Fisch.
Man pflegte unter Menschen   noch Konversation
es gab ja damals noch kein   mobiles Telefon!
 
Da ward in weiter Runde   kein Klingelton gehört
der heut’ sogar in Kirchen   und in Theatern stört;
man hätte die Gewohnheit   genannt wohl lasterhaft
mit der man auf sein Smartphone   wie in Hypnose gafft!

Da gab es noch kein Facebook   und keinen Genderwahn,
wir sah’n statt schlechten Filmen   Kaleidoskope an.
Man trieb mit ernsten Dingen   nicht billig seinen Spott,
wir schrieben Liebesbriefe   und glaubten noch an Gott!

Die Zeit hat sich gewandelt   und so der Mensch mit ihr
er folgt jetzt eben einer   ganz eigenen Manier.
Die alten Ideale   verlacht er süffisant:
Wie sollt’ er sie vermissen   da er sie nie gekannt?!

Im Überflusse schwelgt er   und will noch immer mehr,
wie ist so voll sein Magen   und doch sein Herz so leer!
Er dringt mit Riesenschritten   in neue Sphären vor
und kriegt doch niemals wieder   was er dadurch verlor!

Mit jedem Augenblicke   verringert sich der Kreis
der aus der Welt von gestern   euch zu erzählen weiß;
und liegt der Letzt’ begraben   der diese Welt noch sah
dann sagt euch dieses Liedchen   wie Kienpergs Zeit einst war!



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