O Jugend, holde Rosenzeit
fahr’ hin, leb’ wohl, adé! ‒
Stirb’ hin, o Zeit voll Seligkeit
und brich, mein Herz, vor Weh!
Du Zeit, enteilt mit raschem Schwung
in kaum getrübtem Glück:
bist längst nur noch Erinnerung
und kehrst nie mehr zurück!
Du Zeit, da ich die Liebe all
des Lebens noch verspürt
die mir, in leisem Wiederhall,
so sanft das Herz berührt.
Die ganze Welt, wie schien sie mir
voll Wunder noch zu sein;
es wohnte jedem Dinge schier
ein stiller Zauber ein.
Wir glichen einem Blütenreis
von keinem Hauch getrübt,
an welchem weder Frost noch Eis
noch ihre Macht geübt!
Wir glichen einem Frühlingstag
im ersten Morgentau,
wir glichen einem Rosenhag
auf buntbeblümter Au!
Du Zeit, als ich, ein Jüngling noch,
der Sorgen wenig trug;
wie nahmen unsre Seelen doch
so hohen, weiten Flug!
Ein jedes Mädchen schien mir da
wie eine Königin;
und jede Blume, die ich sah
ergötzte meinen Sinn!
Du Zeit der ersten Liebe, die
nur ach! ‒ zu rasch verflog;
du Zeit, da Überdruß noch nie
den reinen Sinn betrog;
du Zeit, wo einstmals das Geschick
noch Rosen uns gestreut,
du Zeit, da sich mit jedem Blick
die Welt für uns erneut!
Wie bist du doch dem Frühling gleich
o holde Jugendzeit
die sich, an aller Schönheit reich,
des Lebens nur erfreut.
Wir wollten viel, nur eines nicht:
je wie Erwachs’ne sein! ‒
mit sauertöpfischem Gesicht
und eitlen Krämerein.
Wohin die ganze Herrlichkeit?
Zerstoben, wie ein Traum!
Der Rosenhag im Blütenkleid
ist nun ein kahler Baum!
Mit schnöder Schulweisheit trieb ich
den alten Zauber aus;
und so ist denn die Welt für mich
nun wie ein ödes Haus!
Wohin das Blütenreis von einst?
Der Schnitter hat’s gemäht!
Wohin die Rose, die du meinst?
Der Sturm hat sie verweht!
Wohin des Lebens heitrer Zug?
Verkehrt in bittren Hohn!
Wohin der Seele hoher Flug?
Gestürzt, wie Phaethon!
Wohl hab’ ich es im Lebensgang
mit manchem Ding verscherzt;
und wenn auch nichts mir je gelang ‒
ich hätt’ es noch verschmerzt.
Verwand mein Leid zu jeder Frist
ich in Melancholie:
nur das ‒ wohin die Liebe ist?
Ach, das verwind’ ich nie!
O Jugend, holde Rosenzeit
fahr’ hin, leb’ wohl, adé! ‒
Stirb’ hin, o Zeit voll Seligkeit
und brich, mein Herz, vor Weh!
Du Zeit, enteilt mit raschem Schwung
in kaum getrübtem Glück:
bist längst nur noch Erinnerung –
und kehrst nie mehr zurück!
Zurück
|