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Für diesmal wollen wir dem Monde – jenem zauberischen Himmelskörper, in dessen alleiniger Gegenwart schon manchereiner den ersten Kuß von den Lippen seiner Liebsten stahl – einige Betrachtungen zuwenden.
Der Mond, der einzige Trabant unserer Erde, weist von der letzteren eine mittlere Entfernung von 384.000 Kilometern auf; da die Mondumlaufbahn elliptisch verläuft, kann er bis 356.000 Kilometer an die Erde herankommen, sich aber umgekehrt bis 407.000 Kilometer von derselben entfernen. Die erste Stellung des Mondes zur Erde wird als Perigäum, die zweite als Apogäum bezeichnet. Der Monddiameter beträgt mit 3.476 Kilometern nur etwa ein Viertel des Erddurchmessers. Seine Masse macht 12 Prozent der Erdmasse aus, was zur Folge hat, daß an seiner Oberfläche nur ein Sechstel jener Schwerkraft, wie wir sie von der Erde her kennen, wirksam werden kann. Da ferner die Umlaufzeit des Mondes um die Erde mit der Dauer seiner Achsenrotation identisch ist, weist er uns stets nur dieselbe Hälfte zu. Die Oberfläche des Mondes ist am ehesten mit einer Wüstenlandschaft vergleichbar. Es gibt riesige Becken, welche aufgrund ihres Ansehens – von der Erde aus sind sie gleichsam als große, dunkle Flecken erkennbar – einst für Meere und Ozeane gehalten wurden und dementsprechende Namen tragen: Mare Imbrium
[1], Mare Serenitatis [2], Mare Tranquillitatis [3], Mare Foecunditatis [4], Mare Nubium [5], Mare Crisium [6], Mare Nectaris [7], Mare Humorum [8], Mare Frigoris [9], Oceanus Procellarum [10] und dgl. mehr. Ferner überziehen Krater mit Durchmessern von zwei- bis dreihundert Kilometern in einem dichten Netz beinahe die gesamte Mondoberfläche. Die Wälle ihres Randes ragen dabei bis zu sechstausend Meter über das Kraterinnere, das zumeist etwas tiefer als die übrige Umgebung liegt, empor. Ihre Entstehung ist vermutlich auf ehemals vulkanische Tätigkeiten sowie auf Meteoriteneinschläge zu rekurrieren. Auch mächtige Kettengebirge, welche im sogenannten Leibnitz- und Dörfelgebirge über 11.000 Meter erreichen, durchziehen die Mondoberfläche – ebenso wie die als Rillen bezeichneten Gräben, welche sich gelegentlich als tiefe Risse von über 100 Kilometern Länge zeigen. Nachdem wir nun die äußere Gestalt unseres Trabanten im groben wiedergegeben haben, wollen wir uns im Folgenden der Entstehung der Mondphasen sowie etwelchen anderen spezifischen Phänomenen, welche durch die jeweilige Stellung des Mondes bedingt werden, zuwenden.
Steht der Mond etwa zwischen unserer Erde und der Sonne, so bezeichnen wir diese Stellung als Neumond. Bei dieser Stellung wendet er uns seine dunkle Nachtseite zu. Nur wenige Tage später erscheint er als zunehmende Sichel auf der linken Seite der Sonne am Abendhimmel. Indem sich der Mond nun entgegen dem Uhrzeigersinn auf seiner Bahn um die Erde bewegt und die letztere ihrerseits in eben gleicher Weise um ihre Achse rotiert, erhellt, daß der Mond, bis er seine anfängliche Stellung als Neumond wieder erreicht hat, je später auf-, je später untergeht. Die daraus resultierende Zeitverschiebung beträgt täglich etwa eine knappe Stunde. (Jene täglichen fünfzig Minuten, im Verhältnis zur Erdrotation berechnet, ergeben während der Dauer eines Umlaufes jenen Zeitraum, in dem sich die Erde einmal um ihre eigene Achse dreht. Daraus ergibt sich jene Differenz zwischen Kalendermonat und synodischem Monat). Etwa eine Woche danach hat unser Trabant gerade ein Viertel seiner Umlaufbahn zurückgelegt: wir haben Erstes Viertel oder zunehmenden Halbmond. Jetzt geht der Mond etwa um Mitternacht unter. Wieder eine Woche später befindet er sich unserer Sonne am Himmel gerade gegenüber und steht die gesamte Nacht über dem Horizont; diese Stellung wird als Vollmond bezeichnet. In eben demselben Verlaufe folgt er nun seiner Umlaufbahn auf der rechten Sonnenseite und vollendet auf diese Weise seinen – um uns gewissermaßen eines Begriffes aus der Gynäkologie zu bedienen – monatlichen Zyklus, wiederum seine Stellung als Neumond am Himmel einnehmend. Die Zeitspanne zwischen zwei Neumonden beträgt 29 Tage und 13 Stunden und wird als synodisches Monat bezeichnet. Dieses ist nicht identisch mit dem siderischen Monat, in dem der Mond in 27 Tagen und 8 Stunden wieder an ein- und demselben Stern im Tierkreis vorüberwandelt. Den allseits bekannten Phänomenen der Sonnen- bzw. Mondfinsternisse liegen ähnliche Ursachen zum Grunde.
Würde unser Mond die Erde genau in deren Bahnebene umkreisen, so käme es bei jedem Neumond zu einer Sonnen-, bei jedem Vollmond zu einer Mondfinsternis. Im ersten Falle nämlich würde der Neumond jedesmal die Sonne bedecken und seinen Schatten auf die Erde werfen, in letzterem müßte der Vollmond stets in den Erdschatten eintreten und könnte kein Sonnenlicht mehr empfangen. Da die Mondbahn aber nun eine Neigung von fünf Grad und neun Minuten zur Erdbahnebene aufweist, können die erwähnten Phänomene nur dann beobachtet werden, wenn entweder der Voll- oder Neumond die Erdbahnebene kreuzt. Eine totale Sonnenfinsternis kann nur innerhalb eines sehr kleinen Gebietes beobachtet werden. Infolge der Mondumlaufbahn sowie der Erdrotation verschiebt sich diese Kernzone als langer Streifen über die Erdkugel [11], in welchem allmählich, dem Verlaufe des Mondes folgend und der Erdrotation entsprechend, nun gleichfalls eine vollständige Finsternis eintreten muß. Rings um dieselbe Totalitätszone erstreckt sich ein Gebiet, in dem der Neumond die Sonne nur mehr teilweise zu bedecken vermag. Dort kommt es nur zu einer partiellen Sonnenfinsternis im Halbschatten des Mondes, in den nur ein Teil des Sonnenlichtes – als mittelbare Helle – zu gelangen vermag. Steht der Mond im Apogäum, so ist der scheinbare Monddiameter etwas kleiner als die Sonnenscheibe; man spricht dann von einer ringförmigen Finsternis.
Auch bei einer Mondfinsternis sind totale bzw. partielle Verfinsterungen zu unterscheiden, je nachdem, ob unser Trabant ganz oder nur teilweise in den Kernschatten der Erde eintritt. Allerdings wird in der irdischen Atmosphäre noch etwas an Sonnenlicht – als mittelbare Helle – in den Kernschattenraum hineingebrochen: es erfährt bei seinem langen Wege durch die verschiedenen Luftschichten eine rötliche Färbung, da das rote Licht dieselben besser durchdringt als die übrigen Farben des Spektrums. So verschwindet der Mond bei einer totalen Finsternis auch nicht vollständig vom Himmel, sondern erscheint vielmehr in einem eigentümlichen, kupferroten Lichte!
Vielleicht bist ja du selbst, geschätzter Leser, schon einmal Zeuge der im Vorangegangenen beschriebenen Vorgänge gewesen und hast dich bei nämlicher Gelegenheit gefragt, wie ein solch Phänomen abseits jener üblichen „Der Mond verdeckt die Sonne“ oder „Die Erde verdeckt die Sonne“-Köhlerweisheiten bloß zustandekommen könne. Und selbst jetzt, wo wir diesen Phänomenen nun die auf analytischem Wege als recht erkannten Ursachen zugeschrieben haben, so soll uns nichts! aber auch gar nichts daran hindern, auf Glauben anzunehmen, eines weiteren jener vielen Wunder teilhaftig geworden zu sein, die Gott für uns Menschen – und nicht zuletzt mit uns selbst – geschaffen hat!

 

[1] Meer der Regengüsse
[2] Meer der Heiterkeit
[3] Meer der Ruhe
[4] Meer der Fruchtbarkeit
[5] Wolkenmeer
[6] Meer der Gefahren
[7] Honigmeer
[8] Meer der Feuchtigkeit
[9] Meer der Kälte
[10] Ozean der Stürme
[11] Da der Mond aufgrund seiner Erdnähe in bezug zur Erdrotation, weil sich selbst in deren Rotationsrichtung bewegend, zur weit entfernteren Sonne, welche einen Fixpunkt bildet, vergleichsweise schneller erscheinen müßte, so wird dieser Umstand, des geringen Unterschiedes sowie der Nivellierung von Größe und Umlaufbahnen aufgrund der ungleich verschiedenen Entfernungen halber, doch keineswegs wahrgenommen. Je nachdem, worauf wir unseren Blick fixieren, sieht es aus, als zöge der Mond an der Sonne gleichsam vorüber oder die Sonne würde gleichsam hinter dem Monde vorbeigezogen. Insoferne kann sich jener angeführte Streifen, die Kernzone, nur so lange auf jener von der Sonne getroffenen Erdhalbkugel fortsetzen, als die Neigung der Mondbahn zur Erdbahnebene sowie der Einfallswinkel der Sonne dazu ausreichen, einen Schatten auf die Erde zu werfen. Der Schattenstreifen kann also niemals die ganze Erdkugel erfassen; der Mondschatten muß also in der Reihenfolge Halbschatten – Kernschatten – Halbschatten wieder die Erde verlassen.   



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